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Niederlande — 11 min
Niemand entlässt gerne seine Mitarbeiter:innen. Das Letzte, was Arbeitgeber gebrauchen können, sind verärgerte Arbeitnehmer:innen, denen sie zu Unrecht gekündigt haben. Du musst nicht nur alles tun, um solche Situationen zu vermeiden, sondern leider auch vorsichtshalber für den Worst Case planen. Dafür solltest du zunächst die Rechte und Pflichten beider Parteien verstehen.
Wenn du unseren Leitfaden zu Urlaubsansprüchen in den Niederlanden gelesen hast, weißt du ja schon, dass die Niederlande starke Gesetze zum Schutz von Arbeitnehmer:innen haben. Dementsprechend beginnt Kündigungsprozess, lange bevor die betroffenen Mitarbeiter:innen offiziell Kenntnis davon erhalten. In diesem Leitfaden erfährst du, was du wissen solltest, bevor du ein Arbeitsverhältnis kündigst und welche Art der Kündigung du jeweils anwenden kannst.
In den Niederlanden gibt es sechs Möglichkeiten, Mitarbeiter:innen zu entlassen:
Fristlose Entlassung
Gerichtlich angeordnete Auflösung des Arbeitsvertrags
Genehmigung der Entlassung durch die öffentliche Arbeitsvermittlung (Public Employment Service, PES)
Auflösung des Arbeitsvertrags in gegenseitigem Einverständnis
Entlassung während der Probezeit
Auslaufen eines befristeten Vertrags
Arbeitgeber dürfen ein Arbeitsverhältnis bei grober Fahrlässigkeit bei der Leistungserbringung, Diebstahl, Sachbeschädigung oder körperlicher Gewalt sofort beenden. Diese Sachverhalten werden als „dringende Gründe“ eingestuft und ermöglichen es den Arbeitgebern, schnell zu handeln.
Wenn Mitarbeiter:innen gegen klar kommunizierte Regeln des Unternehmens verstoßen, kann das die fristlose Kündigung nach sich ziehen. Der Arbeitgeber muss der betreffenden Person dennoch den Kündigungsgrund schriftlich mitteilen.
Es ist nicht ungewöhnlich, dass Mitarbeiter:innen gegen diese Art von Kündigung gerichtlich vorgehen. Vorausschauende HR-Teams kümmern sich daher um eine Dokumentation, dass die „Regeln des Unternehmens klar kommuniziert“ werden. Auch wenn die Auslegung weitgehend subjektiv ist, kannst du eine Anfechtung mit gut dokumentierten Prozessen wesentlich schwierige machen.
In manchen Situationen kann der Arbeitgeber bei Gericht um die Auflösung des Arbeitsvertrags aus berechtigten Gründen bitten. Das Gericht kann eine Entlassung unter diesen Umständen zulassen:
Unterdurchschnittliche Leistung
Es gelten strenge Regeln für die Entlassung aufgrund von unzureichenden Leistungen. Der Arbeitgeber muss genau dokumentieren, welche Schritte er unternommen hat, um den:die Mitarbeiter:in zur Verbesserung anzuleiten. Krankheit gilt nicht als berechtigter Grund für unzureichende Leistungen. Wir empfehlen, Leistungsbewertungen zu dokumentieren und den Mitarbeiter:innen ausreichend Zeit zu geben, ihre Leistung zu verbessern. Das Gericht genehmigt die Kündigung wegen unzureichender Leistung nur, wenn es nachweislich nicht möglich ist, den Mitarbeiter:innen eine andere Rolle im Unternehmen zu geben.
Schuldhafte Handlungen oder Unterlassungen
Die Mitarbeiter:innen müssen darüber in Kenntnis gesetzt werden, was unzulässige Verhaltensweisen sind, bevor sie als Kündigungsgrund geltend gemacht werden können. Eine praktische und einfache Lösung sind klare Richtlinien im Unternehmenshandbuch.
Beschädigtes Vertrauensverhältnis
Extreme Meinungsverschiedenheiten, persönliche Konflikte oder bestimmte Vorfälle können die Arbeitsbeziehung dauerhaft beschädigen und als Kündigungsgrund herangezogen werden. Davor muss das Unternehmen aber versuchen, durch Mediation zu einer Lösung zu kommen. Wenn das Problem nicht beseitigt werden kann, kann ein beschädigtes Vertrauensverhältnis ein gültiger Kündigungsgrund sein.
Häufige Abwesenheit durch Krankheit
Wenn die kontinuierliche Abwesenheit aufgrund einer Krankheit das Unternehmen stark belastet, kann das Gericht die Kündigung zulassen. Der Arbeitgeber muss nachweisen, dass der Betrieb beeinträchtigt wird, weil er die Arbeit der betroffenen Person nicht anderweitig erfüllen kann.
Gewissensgründe
Wenn Mitarbeiter:innen aus Gewissensgründen die Arbeit verweigern, müssen beide Parteien zunächst versuchen, eine gemeinsame Lösung zu finden. Wenn das misslingt und die Abwesenheit der Person den Betrieb beeinträchtigt, kann der Arbeitgeber die Kündigung beantragen.
In den Niederlanden erfordert eine Kündigung manchmal die Genehmigung durch die öffentliche Arbeitsvermittlung, auf Niederländisch „Uitvoeringsinstituut Werknemersverzekeringen“ oder „UWV“. In diesen Fällen muss eine Kündigung genehmigt werden:
Betriebliche Gründe
Wenn ein Unternehmen größere finanzielle Verluste erlitten hat, eine Verschlechterung der Auftragslage verzeichnet, sich verkleinern muss oder technologische Veränderungen vorgenommen hat, muss es vor der Kündigung von Mitarbeiter:innen zunächst eine Entlassungsgenehmigung bei der Arbeitsvermittlung beantragen. Die Bearbeitung dauert in der Regel etwa sechs Wochen. Die Zeit für die Einholung einer Entlassungsgenehmigung kann auf die geltende Kündigungsfrist angerechnet werden.
Massenentlassungen in den Niederlanden
Wenn ein Arbeitgeber innerhalb von 3 Monaten mindestens 20 Mitarbeiter:innen aus wirtschaftlichen Gründen entlassen muss, gilt das als Massenentlassung. Damit das überhaupt möglich ist, muss das Unternehmen den Fall an den PES und die relevanten Gewerkschaften melden, die die betroffenen Mitarbeiter:innen vertreten.
Dauerhafte Arbeitsunfähigkeit aufgrund von Krankheit
Nach niederländischem Recht müssen Arbeitgeber ihre Mitarbeiter:innen im Krankheitsfall bis zu zwei Jahre lang weiter bezahlen. Die Fortzahlung beträgt in der Regel mindestens 70 % des Gehalts. Arbeitgeber sind verpflichtet, Maßnahmen zur Wiedereingliederung zu ergreifen und die Rückkehr an den Arbeitsplatz zu erleichtern. Wir raten dir, deine Maßnahmen zur Wiedereingliederung gut zu dokumentieren für den Fall, dass eine Kündigung nötig ist. Wenn Mitarbeiter:innen nach zwei Jahren immer noch arbeitsunfähig sind (und sich vermutlich auch nicht innerhalb von 26 Wochen erholen werden), können Arbeitgeber bei der öffentlichen Arbeitsvermittlung die Kündigung beantragen.
Auflösung des Arbeitsvertrags in gegenseitigem Einverständnis
Es ist möglich, einen niederländischen Arbeitsvertrag in gegenseitigem Einvernehmen zu beenden. Damit die Kündigung rechtskräftig wird, müssen beide Parteien sich schriftlich mit einer Vereinbarung damit einverstanden erklären, wobei die Einwilligung des:der Arbeitnehmer:in eindeutig und ausdrücklich sein muss.
Wenn eine schriftliche Vereinbarung vorliegt, müssen weder Kündigungsfrist noch Abfindungsregeln eingehalten werden. Wenn die Parteien sich auf eine Abfindung einigen, muss das in der Vereinbarung festgehalten werden. Außerdem gibt es eine zweiwöchige Bedenkzeit, in der die Arbeitnehmer:innen von die Vereinbarung zurücktreten können.
Entlassung während der Probezeit
In den Niederlanden können Arbeitsverträge während der Probezeit von beiden Seiten jederzeit beendet werden. Sie müssen sich auch nicht an die üblichen Kündigungsfristen halten. Mitarbeiter:innen haben das Recht, den Kündigungsgrund zu erfahren.
Ablauf eines befristeten Arbeitsvertrags
Nach niederländischem Arbeitsrecht ist es nicht zwingend erforderlich, einen befristeten Vertrag zu verlängern. Wenn ein Arbeitgeber nicht vorhat, einen befristeten Arbeitsvertrag zu verlängern, muss er die betroffene Person darüber in Kenntnis setzen. Das gilt auch dann, wenn das Vertragsende gleichbedeutend mit einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses ist. Wenn ein Unternehmen einen Vertrag vorzeitig beenden möchte, kann es das nur tun, wenn vorher entsprechende Bedingungen schriftlich vereinbart wurden. In diesem Fall beträgt die Kündigungsfrist einen Monat.
Die Probezeit dient in den Niederlanden als Testphase, in der beide Parteien den Vertrag fristlos und ohne Angabe von Gründen kündigen können. Es ist möglich, die Probezeit per Vertrag auszuschließen. Wir raten aber davon ab. Wenn Mitarbeiter:innen sofort einen vollwertigen Status erhalten, ist es schwierig, sie wieder zu kündigen.
Die gesetzliche Höchstdauer der Probezeit hängt von der Dauer des Vertrags ab:
Unbefristete Verträge haben eine Probezeit von zwei Monaten.
Befristete Verträge mit einer Laufzeit von weniger als zwei Jahren haben eine maximale Probezeit von einem Monat.
Befristete Verträge mit einer Laufzeit von mindestens zwei Jahren haben eine maximale Probezeit von zwei Monaten.
Es kann auch passieren, dass die Probezeit nichtig ist, und zwar in diesen Szenarien:
Wenn die Probezeit nicht schriftlich vereinbart wurde
Bei befristeten Verträgen von sechs Monaten oder weniger
Wenn befristetet Arbeitsverträge in unbefristete umgewandelt werden
Wenn ein Vertrag verlängert wird, ohne dass sich der Aufgabenbereich ändert
Es gibt sowohl für Angestellte als auch für Unternehmen eine Kündigungsfrist. Sie ist gesetzlich vorgeschrieben und wird normalerweise im Arbeitsvertrag vereinbart. Ist das nicht der Fall, gilt die gesetzliche Mindestfrist von einem Monat. Die Kündigungsfrist gilt sowohl für Mitarbeiter:innen mit unbefristeten Verträgen als auch, in einigen Fällen, für Mitarbeiter:innen mit befristeten Verträgen.
Es gibt einige wenige Fälle, in denen die Mitarbeiter:innen in den Niederlanden fristlos gekündigt werden können:
Sie befinden sich noch in der Probezeit
Entlassung aufgrund von grobem Fehlverhalten
Fristlose Kündigung seitens der Mitarbeiter:innen
In der Probezeit können Mitarbeiter:innen ihre Arbeitsverträge jederzeit fristlos kündigen. Bei befristeten Verträgen richtet sich die Kündigungsfrist nach der Dauer des Arbeitsvertrags oder der vereinbarten Kündigungsfrist. In der Regel beträgt die Kündigungsfrist für Mitarbeiter:innen einen Monat und beginnt immer am Ersten des Monats.
Wenn eine längere Kündigungsfrist vereinbart wurde, muss die Kündigungsfrist des Arbeitgebers doppelt so lang sein wie die des:der Mitarbeiter:in. Beträgt die Kündigungsfrist einer Mitarbeiterin zum Beispiel vier Monate, gelten für den Arbeitgeber acht Monate.
Nach den niederländischen Arbeitsgesetzen sind Arbeitgeber verpflichtet, eine Kündigungsfrist einzuhalten. Die Länge hängt davon ab, wie lange die betreffende Person schon beim Unternehmen beschäftigt ist.
Bei einer Beschäftigungsdauer von weniger als fünf Jahre beträgt die Kündigungsfrist einen Monat.
Bei einer Beschäftigungsdauer zwischen fünf und 10 Jahren beträgt die Kündigungsfrist zwei Monate.
Bei einer Beschäftigungsdauer zwischen 10 und 15 Jahren beträgt die Kündigungsfrist drei Monate.
Bei einer Beschäftigungsdauer von über 15 Jahren beträgt die Kündigungsfrist vier Monate.
Wenn HR-Teams diese Kündigungsfristen missachten, stehen den betroffenen Mitarbeiter:innen gegebenenfalls zusätzliche Vergütungen zu. Wenn ein Unternehmen beispielsweise einen Mitarbeiter mit einer einmonatigen Kündigungsfrist am 18. August darüber informiert, dass er zum 1. September gekündigt wird, verstößt das gegen das Gesetz. In diesem Fall müsste der Mitarbeiter:in bis zum 30. September weiterarbeiten dürfen, da dann erst die einmonatige Kündigungsfrist endet.
Befristete Verträge haben ein klares Enddatum. Wenn sie aber sechs Monate oder länger gelten, ist der Arbeitgeber verpflichtet, die Mitarbeiter:innen mindestens einen Monat im Voraus zu informieren, wenn er das Arbeitsverhältnis nicht verlängern möchte. Wenn ein Arbeitgeber diese Frist verpasst, haben die Mitarbeiter:innen Anspruch auf eine Entschädigung, die anhand des Vertrags und der jeweiligen Verspätung berechnet wird.
Es ist auch möglich, dass ein befristeter Vertrag nach dem niederländischen Arbeitsrecht im Nachhinein als „unbefristet“ eingestuft wird. Wenn zwischen zwei befristeten Verträgen nicht mehr als drei Monate liegen oder wenn alle befristeten Verträge für eine Person insgesamt drei Jahre ergeben, kann ein befristeter Vertrag als unbefristet eingestuft werden. In diesem Fall gelten die gleichen Kündigungsregeln wie für unbefristete Verträge.
Entlassene Mitarbeiter:innen haben manchmal gesetzlichen Anspruch auf Übergangsgeld. Das ist nicht das Gleiche wie eine Abfindung. Das Übergangsgeld entschädigt Mitarbeiter:innen für den Verlust ihrer Arbeitsstelle, während sie in eine neue Beschäftigung wechseln.
Angestellte müssen mindestens zwei Jahre in einem Unternehmen gearbeitet haben, um Anspruch auf Übergangsgeld zu haben. Übergangsgeld unterscheidet sich von Abfindungen nach niederländischem Recht darin, dass Abfindungen bei einvernehmlichen Kündigungen gezahlt werden. Mitarbeiter:innen haben in diesen Fällen Anspruch auf Übergangsgeld:
Kündigung eines befristeten Vertrags
Gerichtlicher Beschluss auf Antrag des Arbeitgebers, den Arbeitsvertrag aufzulösen
Arbeitnehmerseitige Kündigung aufgrund groben Fehlverhaltens des Arbeitgebers (bei schwerwiegenden schuldhaften Handlungen oder Fahrlässigkeit kann das Gericht eine zusätzliche „angemessene Entschädigung“ gewähren)
Erlaubnis der öffentlichen Arbeitsvermittlung, das Arbeitsverhältnis zu kündigen
In den folgenden Fällen sind Arbeitgeber von der Zahlung von Übergangsgeld befreit:
Beendigung des Arbeitsverhältnisses im gegenseitigen Einvernehmen
Kündigung aufgrund schuldhafter schwerwiegender Verstöße oder grober Fahrlässigkeit
Kündigung von Mitarbeiter:innen unter 18 Jahre, die im Durchschnitt nicht mehr als 12 Stunden pro Woche arbeiten
Konkurs des Unternehmens
Erreichen des Rentenalters
Verlängerung eines befristeten Vertrags, bevor er ausläuft.
Die Höhe des Übergangsgelds hängt vom Alter, den Dienstjahren und dem Bruttomonatsgehalt von Angestellten ab. Mitarbeiter:innen haben bei einer Kündigung Anspruch auf eine Abfindung in Höhe von 1/3 ihres Monatsgehalts für jedes Jahr der Betriebszugehörigkeit. Die Obergrenze liegt bei 84.000 €. Für Mitarbeiter:innen, die mehr als 84.000 € im Jahr verdienen, entspricht die Obergrenze ihrem Jahresgehalt.
Ein Rechenbeispiel: Eine Mitarbeiterin, die 5000 € im Monat verdient und fünf Jahre lang im Unternehmen gearbeitet hat, hat Anspruch auf eine Abfindung von 8333,33 €. Wir kommen auf dieses Ergebnis, indem wir die Jahre ihrer Betriebszugehörigkeit (5) mit ihrem Bruttomonatsgehalt und 1/3 multiplizieren.
In den Niederlanden gelten Übergangsgelder als Einkommen und werden entsprechend besteuert. Wenn Mitarbeiter:innen ihr Übergangsgeld für ihre berufliche Weiterbildung ausgeben, ist es von der Steuer befreit. Bei der Berechnung müssen Unternehmen auch offenes Urlaubsgeld, Gewinnausschüttungen und jährliche Boni berücksichtigen.
Natürlich sind Kündigungen nie einfach. Klare Erwartungen und kompromisslose Rechtskonformität können es aber für beide Seiten einfacher machen. Schütze dein Unternehmen, indem du dich informierst, bevor du jemanden kündigst.
Das Gute an einem Employer of Record wie Remote ist, dass wir uns nicht nur um das Onboarding und die Gehaltsabrechnung kümmern, sondern über unseren Standort vor Ort auch Kündigungen übernehmen können. Dadurch musst du dir keine Sorgen machen, eventuell gegen niederländisches Recht zu verstoßen. Unser Team aus HR- und Arbeitsrechtsexpert:innen in den Niederlanden übernimmt die Verantwortung für diesen komplizierten Prozess und arbeitet eng mit der öffentlichen Arbeitsvermittlung zusammen. Es stellt so sicher, dass alles korrekt abläuft und deine Mitarbeiter:innen bekommen, was ihnen zusteht. Damit bist du rechtlich auf der sicheren Seite.
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